Lehrveranstaltungen der Arbeitsgruppe Wissenschaftsgeschichte
Sommersemester 2013


Die Naturwissenschaften im 19. Jahrhundert

Epistemologien der Geschichtsschreibung

Newton im Kontext

Koptische Literatur (Sahidischer Dialekt)

Einführung in das Studium der Wissenschaftsgeschichte: Expertenkulturen im pharaonischen Ägypten und in Mesopotamien

Sozial-, Politik- und Wirtschaftswissenschaften und Psychologie im Kalten Krieg: Demokratisierung, Modernisierung und Antikommunismus

Wissenschaftshistorisches Kolloquium


Die Naturwissenschaften im 19. Jahrhundert

Prof. Dr. Moritz Epple

Vorlesung

Di 14:00-16:00, Cas. 1.811, ab 23.4.2013

Inhalt: Mit der Wende zum 19. Jahrhundert, der Ausbildung der Nationalstaaten und dem allmählichen Anbruch des Industriezeitalters dehnte sich der Bereich und die soziale wie kulturelle Bedeutung naturwissenschaftlicher Forschung in Europa deutlich aus. Zum Teil in Reaktion hierauf begannen auch neue Vorstellungen die Naturwissenschaft des 19. Jahrhunderts zu dominieren: die Idee der "Einheit der Natur" und universelle Konzepte wie das der Energie, der Entwicklungsgedanke in Geologie und Biologie, die Suche nach einem Verständnis kleinster Strukturen (Atome, Moleküle, Zellen) usw. Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts zeichneten sich in vielen klassischen Zweigen der Naturwissenschaften tiefgreifende konzeptuelle Umbrüche ab, die nicht nur zu neuen Wissensgebieten führten, sondern die auch die Gegenstände und Perspektiven der Forschung, ja das Wissenschaftsverständnis insgesamt erneut veränderten. Gleichzeitig wuchs die technologische und politische Bedeutung der Naturwissenschaften bis an die Schwelle zum 20. Jahrhundert immer weiter an.
Die Vorlesung gibt einen einführenden Überblick über einige der zentralen naturwissenschaftlichen Entwicklungen dieses Zeitraums und diskutiert dabei auch die Rolle der Wissenschaftsentwicklung in Staatenbildung und Industrialisierung.

Literatur:
* Michel Serres (Hg.), Elemente einer Geschichte der Wissenschaften, Frankfurt am Main 1994
* Hans Wussing (Hg.), Geschichte der Naturwissenschaften, Leipzig 1983
* Mary Jo Nye (Hg.), The Modern Physical and Mathematical Sciences, Cambridge 2003 (= The Cambridge History of Science, Bd. 5)


Epistemologien der Geschichtsschreibung

Prof. Dr. Moritz Epple, Dr. Falk Müller, Dr. des Fabian Link

Blockseminar in Riezlern im Kleinwalsertal

Anreise: 5.7.2013, Abreise: 11.7.2013
Obligatorische Vorbesprechung am Donnerstag 18.4.2012, 14:00-16:00, IG 4.501
Persönliche Anmeldung bei den Dozenten.

Inhalt: Die Studiengruppe Historische Epistemologie bietet auch in diesem Semester wieder ein Kompaktseminar für fortgeschrittene Studierende, Doktorand/inn/en und Post-Docs an. Thema sind die epistemologischen Konzepte und Verfahren, die der Geschichtsschreibung zugrunde lagen und liegen. Dabei soll für ausgewählte Beispiele neuzeitlicher und moderner Historiographie gefragt werden: Was heißt im Rahmen einer solchen Geschichtsdarstellung oder auch Geschichtstheorie jeweils „Historisches Erkennen“? Was sind die jeweils zugehörigen Praktiken der Datenerfassung und Geschichtskonstruktion? Zentrale Konzepte für eine solche Analyse von Geschichtsdarstellungen und Geschichtstheorien sind u.a.: Ereignis, Spur, Mentalität, Struktur, historisches Gesetz, Tatsache, Fiktion, Prozess.


Newton im Kontext

Prof. Dr. Moritz Epple, Dr. des Fabian Link

Seminar

Do 10:00-12:00, IG 4.401, ab 18.4.2013

Inhalt: Das Werk Isaac Newtons dominierte die europäische Wissenschaftskultur der frühen Neuzeit. Wie wenige andere wurde er zum viel zitierten Symbol des Aufschwungs und der Macht der Naturwissenschaften. Zugleich bietet sich dem näheren historischen Blick ein ausgesprochen komplexes Bild der Persönlichkeit und Funktion dieses Wissenschaftlers.
Die historischen Dokumente zeigen Newton heute nicht nur als Physiker und Mathematiker, sondern auch als Alchemisten und eigenwilligen Theologen, als Erforscher der biblischen Chronologie und als äußerst machtbewussten Politiker im London des späten 17. und frühen 18. Jahrhunderts. Wie wenige andere spiegelt er die Vielschichtigkeit der Wissenschaftskultur dieser Zeit.
Ebenso komplex fiel die Rezeption Newtons in den kulturellen Milieus und nationalen Wissenschaftskulturen späterer Zeiten aus. Den einen galt er als Begründer der modernen Physik, für andere war er ein Inbegriff der Überlegenheit britischer Wissenschaft, für manche schließlich ein Alchemist und Theologe, der naturwissenschaftliche Erkenntnisse einem mystischen Glaubenssystem unterwarf. Der „Newton“ späterer Jahrhunderte entfernte sich zunehmend von der historischen Person.
Das Seminar will dieser Komplexität des historischen und historisierten Newton nachgehen, um so wesentliche Aspekte der europäischen Wissenschaftskultur der frühen Neuzeit sichtbar zu machen. Welche Beziehungen bestanden zwischen den verschiedenen wissenschaftlichen Interessengebieten und Praktiken, den religiösen Überzeugungen und den politischen Betätigungen Newtons? Auf welchen lokalen und globalen Voraussetzungen beruhte der Triumph seines Werkes? Im Vordergrund des Seminars stehen Newtons verschiedene Rollen, die in die kulturellen, sozialen und politischen Kontexte des 17. und frühen 18. Jahrhunderts eingebettet werden. Inzwischen erlauben die umfangreiche (freilich auch kontroverse) neuere Forschungsliteratur und kritische Editionen der Newtonschen Texte einen guten Einblick in die Fragestellungen des Seminars.

Literatur zum Einstieg:
* Fauvel, John et. al (Hg.): Netwons Werk: Die Begründung der modernen Naturwissenschaft. Basel et al. 1993
* Manuel, Frank E.: A Portrait of Isaac Newton.Washington, D.C. 1979
* Teeter Dobbs, Betty Jo/Jacob, Margaret: Newton and the Culture of Newtonianism.Atlantic Highlands, N.J. 1995
* Westfall, Richard S.: The Life of Isaac Newton. Cambridge 1993

Allgemein zur Wissenschaftskultur im 17. Jahrhundert
* Dear, Peter: Revolutionizing the Sciences: European Knowledge and its Ambitions, 1500-1700. Basingstoke 2001
* Shapin, Steven: Die wissenschaftliche Revolution. Frankfurt am Main 1998


Koptische Literatur (Sahidischer Dialekt)

Prof. Dr. Annette Warner

Seminar

Fr 14:00-16:00, IG 3.401, ab 19.4.2013

Inhalt: Im Seminar sollen verschiedene Arten von sahidischen Texten (historische Texte, wissenschaftliche Texte, Religiöse Texte und Alltagstexte) vorgestellt und auch zusammen gelesen (übersetzt) werden.

Von den Teilnehmern des Seminares wird die regelmässige Vorbereitung von Textpassagen erwartet, sowie die Vorstellung eines Textes in Form eines Referates.
Die Modulzuordnung der Lehrveranstaltung ist der Ankündigung im LSF zu entnehmen.

Voraussetzungen: Erfolgreiche Teilnahme an der Einführung in die koptische Sprache (WS 2012/2013) oder nachgewiesene Koptisch Grundkenntnisse (Schein)

Literatur: Bentley Layton: A Coptic Grammar with Chrestomathy and Glossary: Sahidic Dialect (Porta Linguarum Orientalium, n.s. 20). Wiesbaden: Harrassowitz 2000


Einführung in das Studium der Wissenschaftsgeschichte: Expertenkulturen im pharaonischen Ägypten und in Mesopotamien

Prof. Dr. Annette Warner, Dr. Daliah Bawanypeck

Proseminar

Mi 9:00-12:00, IG 4.401, ab 24.4.2013

Inhalt: Das Proseminar führt anhand von ausgewählten Quellen zu den Expertenkulturen des pharaonischen Ägypten und Mesopotamiens in Themen und Fragestellungen der Wissenschaftsgeschichte ein. Besonderer Wert wird dabei auf das Kennenlernen begrifflicher und methodischer Grundlagen der Wissenschaftsgeschichte und auf intensive Eigenarbeit gelegt. Eine leitende Fragestellung wird sein, wo Expertenkulturen in den antiken Gesellschaften zu verorten sind und wie dies die Entwicklung der Wissenschaft beeinflusste.

Empfohlene Literatur:
* Francesca Rochberg: The heavenly writing. Divination, horoscopy, and astronomy in Mesopotamian culture. Cambridge: Cambridge University Press 2004
* Jim Ritter: „Jedem seine Wahrheit: Die Mathematiken in Ägypten und Mesopotamien“. In: Michel Serres: Elemente einer Geschichte der Wissenschaften. Frankfurt: Suhrkamp 1998: 72-107


Sozial-, Politik- und Wirtschaftswissenschaften und Psychologie im Kalten Krieg: Demokratisierung, Modernisierung und Antikommunismus

Dr. des Fabian Link

Übung

Do 14:00 - 16:00, IG 4.401, ab 18.4.2013

Inhalt: Sozial-, Politik- und Wirtschaftswissenschaften sowie die Psychologie entwickelten sich im Verlauf des Kalten Krieges zu dominanten Wissenschaften innerhalb der Geistes- und Sozialwissenschaften in Westeuropa und den Vereinigten Staaten, dem so genannten „Westblock“. Sie stellten Deutungs- und Orientierungswissen für die Selbstbeschreibung der westlichen Gesellschaften als Kulturen des Fortschritts, der Modernisierung und der liberalen Grundhaltung zur Verfügung und befestigten dadurch die gesellschaftlichen Differenzen zum „Ostblock“. Die Geschichte dieser Wissenschaften in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts werden in der Übung vor dem Hintergrund der polaren Weltordnung beleuchtet, die sich zwischen den Sowjetstaaten und den mit den Vereinigten Staaten verbündeten Nationen ab den späten 1940er Jahren festsetzte. Für die Bildung einer kulturellen Hegemonie in der westlichen Wissenschaft war eine antikommunistische Einstellung entscheidend. Insofern müssen Gesellschaftsvorstellungen westlicher Sozial-, Politik- und Wirtschaftswissenschaftler, die auf die Begründung liberaler Grundsätze abzielten, kritisch beleuchtet werden, da sich die Frage nach dem Maß der Politisierung dieser Denkmuster stellt. Ein Schwerpunkt in der Übung wird auf die Entwicklung empirisch-quantitativer Methoden in den erwähnten Wissenschaften und den Anwendungskontexten dieses Wissens gelegt. Empirisches und quantitatives Wissen galt vor allem amerikanischen Besatzungsbehörden als Mittel zur Demokratisierung der westdeutschen Bevölkerung. Nach 1945 setzten sich diese Methoden infolge des transatlantischen Wissenstransfers auch in Westdeutschland fest. Ihre Etablierung in der gesamten westlichen Wissenschaftskultur war entscheidend für die Entwicklung der Sozial-, Politik- und Wirtschaftswissenschaften sowie der Psychologie zu dominanten Wissenschaften im Verlauf der 1950er und 1960er Jahre. Ziel der Übung ist die Beschäftigung mit Fragen nach den gesellschaftlichen Verbindungen von Sozial-, Politik- und Wirtschaftswissenschaften sowie Psychologie mit Politik, Wirtschaft und Medien während des Kalten Krieges. Basis der Übung werden vor allem Quellentexte zum Thema sein, in einzelnen Fällen werden wir uns aber auch mit einschlägiger Forschungsliteratur beschäftigen.

Literatur:
* Greiner, Bernd/Müller, Tim B./Weber, Claudia (Hg.): Macht und Geist im Kalten Krieg (Studien zum Kalten Krieg 5). Hamburg 2011
* Kießling, Friedrich: Die undeutschen Deutschen. Eine ideengeschichtliche Archäologie der alten Bundesrepublik 1945-1972. Paderborn u.a. 2012
* Klingemann, Carsten: Soziologie und Politik. Sozialwissenschaftliches Expertenwissen im Dritten Reich und in der frühen westdeutschen Nachkriegszeit. Wiesbaden 2009


Wissenschaftshistorisches Kolloquium

Prof. Dr. Moritz Epple, Prof. Dr. Annette Warner

Kolloquium

Di 18:00 - 20:00, IG 1.414, ab 23.4.2013

Inhalt: Fortgeschrittene Studierende und Doktoranden aller Fächer. Es werden zum einen laufende Examens- und Doktorarbeiten vorgestellt, zum anderen neuere wissenschaftshistorische Publikationen gemeinsam diskutiert. Teilnehmerinnen und Teilnehmer (auch aus angrenzenden Gebieten) sind nach Rücksprache mit den Veranstaltern herzlich willkommen. Zu Vortragsveranstaltungen mit auswärtigen Gästen sind alle Interessierten herzlich eingeladen. < Wissenschaftshistorische Vorkenntnisse und persönliche Anmeldung sind erforderlich.br>

Programm


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zuletzt geändert am 10.4.2013, jd