Lehrveranstaltungen der Arbeitsgruppe Wissenschaftsgeschichte
Sommersemester 2023


Einführung in die Wissenschaftsgeschichte: Wissenschaften im Zeitalter der Extreme (Vorlesung)

Grundzüge der ägyptischen Geschichte (3000 - 332 v. Chr.) (Vorlesung)

Zwischen Militarismus und Pazifismus: Wissenschaften im Ersten Weltkrieg (Seminar)

Wissenschaftler oder Betrüger? - Alchemisten vom Mittelalter bis zur Frühen Neuzeit (Seminar)

Wissenschaft und Aufklärung: Eine Einführung am Beispiel Jean D’Alembert (Übung)

Autobiographien aus dem pharaonischen Ägypten (Übung)

Lektorium: Was ist Wissenschaft(sgeschichte)?

Wissenschaftshistorisches Kolloquium


Einführung in die Wissenschaftsgeschichte: Wissenschaften im Zeitalter der Extreme

Prof. Dr. Moritz Epple

Vorlesung

Di 14:00-16:00, SH 0.101, ab 18.4.2023

Inhalt: Der Übergang vom 19. ins 20. Jahrhundert war in vielen Wissenschaften mit tiefgreifenden Umbrüchen verbunden, die auch die Gegenstände und Perspektiven der Forschung, ja das Wissenschaftsverständnis insgesamt veränderten. In der Physik änderte sich durch Relativitätstheorie und Quantenmechanik, aber auch durch eine neue Experimentalkultur das grundlegende Bild des Kosmos, die Biologie machte sich an das Verständnis von zellulären und schließlich auch subzellulären Vorgängen bis hin zur Genetik, die Mathematik entwarf eine Vielzahl neuer, abstrakter Methoden, die innerhalb und außerhalb dieser Wissenschaft Verwendung fanden. Zugleich wurden manche Bereiche der Technik Gegenstand neuer Ingenieurwissenschaften wie z.B. der Aerodynamik. Durch die wachsende technologische Bedeutung gewannen wissenschaftliche Entwicklungen – nicht zuletzt in den beiden Weltkriegen, aber auch durch wissenschaftsgestützten Technologien der jüngsten Vergangenheit – ungeahnte gesellschaftliche Relevanz. Die Vorlesung gibt eine Einführung in einige Hauptlinien dieser Entwicklung und zugleich in einige aktuelle theoretische Positionen einer Geschichte der Naturwissenschaften im „Zeitalter der Extreme“.

Literatur:
* Jon Agar: Science in the Twentieth Century and Beyond. Cambridge: Polity Press, 2012.
* Krige, John und Pestre, Dominique (Hg.), Science in the Twentieth Century, Amsterdam 1997.* The Cambridge History of Science. Cambridge 2002 - ; hier Bd. 5, The Modern Physical and Mathematical Sciences, hg. von Mary Jo Nye, Cambridge 2002.
* Kragh, Helge, Quantum Generations. A History of Physics in the 20th Century, Princeton 2002.
* Latour, Bruno und Woolgar, Steve, Laboratory Life. The Social Construction of Scientfic Facts, Los Angeles 1979.
* Fox Keller, Evelyn, The Century of the Gene, Cambridge, Mass. 2000.
* Rheinberger, Hans-Jörg, Experimentalsysteme und epistemische Dinge. Eine Geschichte der Proteinsynthese im Reagenzglas, Göttingen 2001.
* Rheinberger, Hans-Jörg und Müller-Wille, Staffan, Vererbung. Geschichte und Kultur eines biologischen Konzeptes, Frankfurt am Main 2009.


Grundzüge der ägyptischen Geschichte (3000 - 332 v. Chr.)

Prof. Dr. Annette Warner

Vorlesung

Mi 10:00-12:00, NG 1.741a, ab 19.4.2022

Bemerkung zu Zeit und Ort: Zur Vorlesung gibt es einen OLAT-Kurs, in den sich die Teilnehmer selbständig eintragen. Über den dortigen Materialordner erhalten die Teilnehmer der Veranstaltung die Handouts und begleitende Literatur.

Inhalt: Die Darstellung der ägyptischen Geschichte zeichnet sich in ihrer traditionellen Chronologie durch eine Abfolge von als „Reichen“ (Altes Reich, Mittleres Reich, Neues Reich) bezeichneten Blütezeiten und den dazwischen liegenden Zwischenzeiten, die mit politischer, sozialer und wirtschaftlicher Unsicherheit verbunden werden, aus. Die Vorlesung gibt einen Überblick über die einzelnen Abschnitte der ägyptischen Geschichte und ihrer charakteristischen Elemente. Für die vorhandenen Quellen spielen die sogenannten „Schreiber“, eine relativ kleine Gruppe von Personen, die sich durch die Fähigkeit zu schreiben (und zu rechnen) auszeichneten eine zentrale Rolle. Anhand der von ihnen hinterlassenen schriftlichen Quellen lässt sich ein zumindest in Teilen ausgesprochen differenziertes Bild des damaligen Lebens erhalten, aus dem auch hervorgeht, dass die Zwischenzeiten nicht über ihre gesamte Dauer hinweg als Krisenzeiten zu verstehen sind.

Literatur: 
* Martin Bommas: Das Alte Ägypten. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 2012.
* Sabine Kubisch: Das Alte Ägypten. Von 4000 v. Chr. Bis 30 v. Chr. Wiesbaden: marixverlag 2017.
* Ian Shaw (Hrsg.), The Oxford History of Ancient Egypt. Oxford: Oxford University Press 2004.


Zwischen Militarismus und Pazifismus: Wissenschaften im Ersten Weltkrieg

Prof. Dr. Moritz Epple

Seminar

Do 14:00-16:00, IG 4.401, ab 13.4.2023

Bemerkung zu Zeit und Ort: Sofern die universitären Regeln dies erlauben, wird die Veranstaltung in Präsenz durchgeführt. Bitte achten Sie auf entsprechende Ankündigungen. Zur Veranstaltung wird kurz vor Semesterbeginn ein OLAT-Kurs eingerichtet, in den Sie sich eintragen können. Weitere Anmeldeformalitäten sind nicht erforderlich.

Inhalt: Wissenschaftlern und wissenschaftlicher Forschung für den Krieg. Wissenschaftsgestützte militärische Technologien wie chemische Kampfstoffe, Luftfahrt und Funktechnik veränderten die Kriegführung dauerhaft und markierten zugleich die Anfänge wissenschaftlicher Großforschung. Geisteswissenschaftler trugen zur Kriegsrechtfertigung bei, Mediziner unterstützten die Armeen. In den meisten am Krieg beteiligten Staaten kam es zu einer weitgehenden Militarisierung der Wissenschaften. Zugleich artikulierten sich – ebenfalls in den meisten beteiligten Staaten, jedoch in sehr verschiedenem Umfang – pazifistische Stimmen unter Wissenschaftlern, darunter auch solche führender Wissenschaftler wie Albert Einstein, Lewis Fry Richardson oder Bertrand Russell.
Das Seminar wird einen Überblick über die Rolle der Wissenschaften und der Wissenschaftler im Ersten Weltkrieg im Spannungsfeld zwischen Militarisierung und Pazifismus erarbeiten – ein Spannungsfeld, welches die Beziehungen zwischen wissenschaftlicher Forschung und Krieg bis heute prägt.

Literatur: Zur ersten Orientierung kann dienen:
* Jon Agar: Science in the Twentieth Century and Beyond. Cambridge: Polity Press, 2012. Darin Kapitel 5: „Science and the First World War.“

Umfangreiche Primär- und Sekundärliteratur wird in der Vorbesprechung am 13. 4. 2023 genannt.

Wissenschaftler oder Betrüger? - Alchemisten vom Mittelalter bis zur Frühen Neuzeit

Prof. Dr. Annette Warner, Prof. Dr. Andreas Fahrmeir

Seminar

Mo 16:00-18:00, SH 0.108, ab 17.4.2023

Bemerkung zu Zeit und Ort: Zum Seminar gibt es einen OLAT-Kurs, in den sich die Teilnehmer selbständig eintragen.

Inhalt: Der Begriff Alchemie weckt Assoziationen von dunklen Kellern, in denen mysteriöse Gestalten ihren gutgläubigen Auftraggebern vorgaukeln, aus Blei Gold machen zu können. In der Tat war die Fähigkeit, spektakuläre Überraschungen zu produzieren, vielfach Voraussetzung dafür, die Förderung von (nicht selten in der Tat vor allem an Reichtum oder Unsterblichkeit interessierten) Mäzenen zu gewinnen. Allerdings verbargen sich hinter der „Show“ nicht selten Laboratorien, in denen chemische Entdeckungen entstanden, oder mehr oder weniger prominente Interessen von Personen, die man heute eindeuti in eine Genealogie der Wissenschaften integrieren würden. Entsprechend gehörten zu den Alchemisten Figuren wie Giacomo Casanova oder der „Graf von Saint Germain“ ebenso wie Roger Bacon oder Isaac Newton. Das Seminar wird die Schriften ausgewählter Alchimisten als Zugang zu Entwicklung und Erbe dieses spezifischen Wissens- und Performanzbereichs verwenden.

Literatur: Lawrence M. Principe: The Secrets of Alchemy. Chicago: University of Chicago Press 2013.


Wissenschaft und Aufklärung: Eine Einführung am Beispiel Jean D’Alembert

Prof. Dr. Moritz Epple

Übung

Do 10:00-12:00, IG 4.401, ab 13.4.2023

Bemerkung zu Zeit und Ort: Sofern die universitären Regeln dies erlauben, wird die Veranstaltung in Präsenz durchgeführt. Bitte achten Sie auf entsprechende Ankündigungen. Zur Veranstaltung wird kurz vor Semesterbeginn ein OLAT-Kurs eingerichtet, in den Sie sich eintragen können. Weitere Anmeldeformalitäten sind nicht erforderlich.

Inhalt: Die Übung gibt eine Einführung in die Rolle der Wissenschaften für die europäische Aufklärung, am Beispiel der Schriften eines bedeutenden mathematischen Wissenschaftlers und Enzyklopädisten. D’Alembert trug nicht nur zu verschiedenen Gebieten mathematischen und naturwissenschaftlichen Wissens von der Mechanik bis zur Anwendung der Wahrscheinlichkeitsrechnung auf die Impfung bei, sondern er wurde (zusammen mit Denis Diderot) als Mitherausgeber der großen französischen Enzyklopädie, als Übersetzer und als Essayist auch ein wichtiger homme de lettres, d.h. ein Intellektueller seiner Zeit. Ausgehend von seiner philosophischen Hauptschrift Essai sur les élemens de philosophie (= Versuch über die Elemente der Philosophie, 1759/1767), die ein Panorama aller menschlichen Wissensgebiete von den Naturwissenschaften bis zur Moral skizziert, und einigen wichtigen Essays werden wir den wissenschaftlichen, politischen und kulturellen Kontexten nachgehen, in denen D’Alemberts engagierte Schriftstellerei stand. Neben Fragen der Nützlichkeit und allgemeinen Zugänglichkeit des Wissens standen für ihn dabei auch Fragen der politischen und ökonomischen Gleichheit der Menschen (bei gleichzeitiger Anerkennung ihrer kulturellen Vielfalt) im Zentrum.

Literatur: Wir werden dem Seminar eine von einer Arbeitsgruppe in Frankfurt erarbeitete neue deutsche Übersetzung des Essai sur les élemens de philosophie zugrundelegen und gemeinsam lesen. Andere Schriften des Autors können ggf. Grundlage für einzelne Referate werden. Französischkenntnisse sind willkommen, aber keine Voraussetzung für die Teilnahme an der Übung. Weitere Literatur wird in der ersten Sitzung genannt. Zur ersten Orientierung können dienen:

* Jean D’Alembert: Einleitung zur Enzyklopädie (1751). Hg von Günther Mensching. Philosophische Bibliothek 473, Hamburg: Meiner, 1997.
* Thomas L. Hankins: Science and the Enlightenment. Cambridge: Cambridge University Press, 1985.


Autobiographien aus dem pharaonischen Ägypten

Prof. Dr. Annette Warner

Übung

Di 10:00-12:00, IG 4.401, ab 11.4.2023

Bemerkung zu Zeit und Ort: Zur Übung gibt es einen OLAT-Kurs, in den sich die Teilnehmer selbständig eintragen. Über den OLAT-Kurs erhalten die Teilnehmer der Veranstaltung auch die zu lesenden Texte und die beiden schriftlichen Aufgaben, die während des Semesters zu erledigen sind.

Inhalt: Die Veranstaltung ergänzt die Vorlesung „Grundzüge der ägyptischen Geschichte“ und wird sinnvollerweise mit ihr zusammen besucht. Nach einer Einführung zu Form und Inhalt altägyptischer Autobiographien werden in diesem Seminar Beispiele von Autobiographien altägyptischer Beamter vom Alten Reich bis zur Spätzeit in (in der Regel deutscher oder englischer) Übersetzung gelesen und auf ihre Aussagen hinsichtlich des in ihnen beschriebenen Expertenwissens untersucht. Einen weiteren Schwerpunkt in der Lektüre bilden die Rückschlüsse, die sich aus den Texten auf die Epochen ziehen lassen, in denen sie verfasst wurden.

Literatur: 
* Andrea M. Gnirs: „Die ägyptische Autobiographie“. In: Antonio Loprieno (Hrsg.): Ancient Egyptian Literature. History and Forms (Probleme der Ägyptologie 10). Leiden, New York und Köln: E.J. Brill 1996: 191-241.
* Alexandra von Lieven: „Zur Funktion der ägyptischen Autobiographie“. In: Die Welt des Orients 40/1 (2010): 54-69.


Lektorium: Was ist Wissenschaft(sgeschichte)?

Prof. Dr. Annette Warner

Übung

Mo 14:00-16:00, SH 5.102, ab 17.4.2023

Bemerkung zu Zeit und Ort: Zum Lektorium gibt es einen OLAT-Kurs, in den sich die Teilnehmer selbständig eintragen. Über den dortigen Materialordner erhalten die Teilnehmer der Veranstaltung zum Teil auch die zu lesende Literatur.

Inhalt: „Wissenschaftlichem Wissen” und „Wissenschaftlern” wird eine herausragende Rolle in vielen Gesellschaften zugestanden. Das Grundlagenwerk von Alan Chalmers (What is this thing called science?) stellt verschiedene Theorien vor, die versuchen, diesen besonderen Status zu begründen, um sie dann anhand von historischen Beispielen kritisch zu hinterfragen. Der Aufsatz von Larry Laudan („The demise of the demarcation problem”) behandelt das Problem der Abgrenzung von wissenschaftlichem gegenüber „pseudo-wissenschaftlichem” Wissen. Beide Texte sind grundlegend für die Arbeit in der Wissenschaftsgeschichte. Die im Rahmen dieses Lektoriums von allen zu lesenden Texte werden abgeschlossen durch den Beitrag von Peter Dear („What is the history of science the history of?”), der in die Probleme der Historisierung von Wissenschaft einführt.
Daneben sind im zweiten Teil des Lektoriums von jedem Studierenden zwei weitere (kürzere) Texte zu lesen, die sich mit dem Wissenschaftsbegriff in der Antike oder im Mittelalter (je nach der Epoche des gewählten Moduls) befassen, darunter ein Text über die Wissenschaft(en) in der jeweiligen Epoche und ein Quellentext aus dieser Zeit.

Literatur zur Einführung:
* Alan F. Chalmers: Wege der Wissenschaft. Einführung in die Wissenschaftstheorie. Berlin und Heidelberg: Springer 2007, Kapitel 1-10.
* Larry Laudan: „The demise of the demarcation problem“. In: Robert S. Cohen und Larry Laudan (Hrsg.): Physics, philosophy and psychoanalysis: Essays in honor of Adolf Grünbaum. Dordrecht: Reidel 1983, S. 111-127.
* Peter Dear: „What is the history of science the history of? Early Modern roots of the ideology of modern science.” Isis 96 (2005), S. 390-406.


Wissenschaftshistorisches Kolloquium

Prof. Dr. Annette Warner, Prof. Dr. Moritz Epple

Kolloquium

Di 18:00 - 20:00, IG 1.414 oder IG 4.401, ab 18.4.2023

Bemerkung zu Zeit und Ort: Es wird demnächst angekündigt, in welcher Form das Kolloquium stattfinden wird.

Inhalt: Es werden zum Einen laufende Examens- und Doktorarbeiten vorgestellt, zum Anderen neuere wissenschaftshistorische Publikationen gemeinsam diskutiert. Teilnehmerinnen und Teilnehmer (auch aus angrenzenden Gebieten) sind nach Rücksprache mit den Veranstaltern herzlich willkommen.
Zu Vortragsveranstaltungen mit auswärtigen Gästen sind alle Interessierten herzlich eingeladen. Wissenschaftshistorische Vorkenntnisse und persönliche Anmeldung sind erforderlich.

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zuletzt geändert am 24.4.2023, jd